Friedensgebet und Kundgebung am 22.01.2018

Zusammenfassung

Am gestrigen Montag, d. 22.01.18, gestalteten wir unser erstes Friedensgebet im neuen Jahr, an dem reichlich 50 Menschen teilnahmen. Neben uns brachten sich auch Frau Naendorf vom Ökumenischen Informationszentrum, der Pfarrer i.R. Hanno Schmidt sowie Herr Dr. Hoppe an der Orgel ein. Zum Ende der Epiphaniaszeit gab es von unserer Seite mit „Omnes de Saba venient“ von Asola noch einmal etwas Weihnachtliches zu hören. Auch Hanno Schmidt wies in seiner Ansprache auf die Schlüsselposition hin, die der letzte Sonntag nach Epiphanias zwischen der Weihnachts- und Passionszeit einnimmt.

Endgültig vorbei war die friedliche Weihnachtszeit, als wir uns im Nachgang des Friedensgebets der Kundgebung von Nationalismus raus aus den Köpfen anschlossen, die heute vor dem Steigenberger Hotel nur wenige Meter entfernt von der Pegida-Kundgebung auf dem Neumarkt stattfand. Insbesondere beim Abmarsch der Pegida-Teilnehmer zu ihrem Rundgang spielten sich hier Szenen ab, die man nicht anders als abgrundtief asozial bezeichnen kann. Von den üblichen Beleidigungen einmal abgesehen flogen unter anderem Ampullen mit Buttersäure in Richtung der Gegendemonstranten und es wurde mehrmals laut vernehmbar „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ skandiert.

Viele der Pegida-Teilnehmer geben sich kaum noch Mühe, ihre rechtsradikalen Ansichten hinter der Maske einer bürgerlichen Protestbewegung zu verstecken. Es waren wieder zahlreiche schwarz-weiß-rote Fahnen und Mützen zu sehen. Von der Pegida-Bühne gab es das Wort „Neger“ zu hören und einer der Redner verstieg sich noch in die Behauptung, das christliche Gebot der Nächstenliebe gelte nur in Bezug auf das eigene Volk. Wir verweisen an dieser Stelle nur auf die entsprechende Stelle in Matthäus 5, 43, in der einer solchen kleingeistigen Ansicht eine klare Absage erteilt wird. Alles in allem war es einmal mehr erschreckend zu sehen, welch menschliche Abgründe sich hier regelmäßig mitten im Herzen unserer Stadt auftun. Danke an die wenigen Tapferen, die sich dem einmal mehr widersetzt haben!

 

Redebeitrag auf der Kundgebung

Hallo allerseits,

im Namen der Initiative „Erhebet Eure Herzen!“ darf ich allen, die wir im neuen Jahr bisher noch nicht gesehen haben, noch nachträglich ein frohes und gesegnetes neues Jahr wünschen! Ja, jetzt stehen wir wieder hier und müssen uns wieder mit dem gleichen Thema beschäftigen, wie schon die letzten Jahre. „The same procedure as every year“ könnte man sagen und natürlich könnte man sich dann im Anschluss fragen, was das hier denn alles bringt, wenn sich doch sowieso nichts ändert.

Aber hat sich denn wirklich nichts geändert im vergangenen Jahr? Klar, Pegida ist immer noch da. Zwar nur noch aller zwei Wochen, aber das ist ein schwacher Trost angesichts der Tatsache, dass sich weiterhin jedes Mal eine vierstellige Zahl an Personen für die immer gleiche rassistische und fremdenfeindliche Hetze begeistern kann.

Hat sich auf der großen politischen Bühne etwas geändert? Durchaus, aber nicht zum Besseren. Die AfD ist mit einem zweistelligen Ergebnis in den Bundestag eingezogen und kann nun – unterstützt durch staatliche Gelder – weiter einen Keil durch unsere Gesellschaft treiben. Zudem führt die Tatsache, dass so viele Parteien wie nie zuvor im Bundestag sitzen, zu komplizierten Konstellationen und den bisher längsten Verhandlungen zur Bildung einer Bundesregierung. Auf Landesebene hat das starke Abscheiden der AfD viele aufgeschreckt, die vorher wohl nicht wahrhaben wollten, wie weit verbreitet rassistisches Gedankengut doch auch in unserer heutigen Gesellschaft noch ist. Das Wahlergebnis führte zu einem Wechsel an der Landesspitze und in mehreren Ministerien. Ein wirklicher Paradigmenwechsel scheint aber nicht erkennbar: man versucht weiterhin, die AfD rechts zu überholen und ihr so „den Schneid abzukaufen“, obwohl die Wahl doch eindrucksvoll gezeigt hat, dass die Leute am Ende sowieso das rechte Original wählen und eine Übernahme rechter Parolen nur dazu führt, diese Positionen zu legitimieren.

Man könnte anhand all dieser Entwicklungen im vergangenen Jahr also durchaus verzagen und den Mut verlieren, weil man dagegen doch eh nichts ausrichten kann. Es gibt jedoch auch Dinge, die gegen einen solchen Fatalismus sprechen und an denen man sich wieder aufrichten kann.

Zum einen handelt es sich bei der erstarkten Rechten trotz all ihrer medialen Aufmerksamkeit weiterhin um eine Minderheit, die bei der Bundestagswahl nur von einem Achtel der Wählerinnen und Wähler unterstützt wurde. Es gibt also keinen Grund, in Panik zu verfallen, und der AfD mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, als sie verdient hat. Zum anderen lässt sich, selbst hier in Dresden, langsam eine gegenläufige Entwicklung beobachten. Dies geschieht zwar größtenteils nur auf kleiner Ebene, abseits der großen Scheinwerfer. Doch wer genau hinsieht, kann einige erstaunliche Dinge entdecken. Die Vehemenz, mit der die Neue Rechte unsere bisherige Gesellschaftsordnung in Frage stellt, führt dazu, dass sich ungewohnte Allianzen bilden, um gesellschaftliche Errungenschaften wie Demokratie, Toleranz und Menschenwürde zu verteidigen.

Es finden Menschen zueinander, die sehr unterschiedliche Einstellungen und Weltsichten haben, die aber in den genannten Punkten einer Meinung sind. Es sitzen Vertreterinnen und Vertreter der Kirche und der Linkspartei zusammen in einem Raum, um über ein gemeinsames Vorgehen zum Pegida-Jahrestag zu sprechen. Es treten an eben jenem Tag ein FDP-Politiker und eine SPD-Politikerin auf, die zwei Jahre zuvor noch um das Oberbürgermeisteramt gestritten haben, um gemeinsam für ein Dresden ohne Rassismus zu werben.

Nicht zuletzt finden auch hier, bei unseren gemeinsamen Kundgebungen und bei vielen Vernetzungstreffen, die bereits stattgefunden haben oder noch stattfinden werden, die unterschiedlichsten Menschen zusammen. Auch wenn es sich dabei oft nur um einen kleinen Kreis handelt, so tragen diese Menschen ihre Erfahrungen doch weiter in ihr eigenes Umfeld und sorgen so dafür, dass andere Sichtweisen verständlicher werden und manch ein Vorurteil abgebaut wird.
So können wir, indem wir im kleinen Kreis und in unserem Alltag tolerant mit anderen Menschen umgehen, dafür sorgen, dass Toleranz auch weiterhin als gesellschaftlicher Wert erhalten bleibt und der gesellschaftliche Zusammenhalt insgesamt gestärkt wird. Und damit haben wir dann eben doch etwas erreicht: wir haben unsere Stadt ein kleines Stück toleranter gemacht, indem wir uns selbst tolerant verhalten und andere dazu ermutigen, es ebenfalls zu tun.

Daher möchte ich, wenn wir uns nun gleich neben der Pegida-Kundgebung positionieren, daran appellieren, dass es viel gewinnbringender ist, nicht nur die Auseinandersetzung mit Pegida zu suchen, sondern auch mal das Gespräch mit dem Nebenmann oder der Nebenfrau, um mehr übereinander zu erfahren und sich so besser zu verstehen.

Altar Kreuzkirche

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