Friedensgebet in der Frauenkirche und Kundgebung "Für ein Dresden ohne Rassismus" am 28.10.2017

Zusammenfassung

Am vergangenen Sonnabend, d. 28.10.2017, veranstalteten wir im Rahmen des Aktionstages „Für ein Dresden ohne Rassismus!“ erstmals ein Friedensgebet in der Frauenkirche. Der Aktionstag war vom BündnisHerz statt Hetze ausgerufen worden, um einen inhaltlichen Kontrapunkt zur Kundgebung der Pegida-Bewegung zu setzen, die an diesem Tag auf dem Theaterplatz den 3. Jahrestag ihrer Gründung feierte. Da viele unserer Sänger nach ihrer Zeit im Kreuzchor eine neue musikalische Heimat an der Frauenkirche gefunden haben, war es uns eine große Freude, endlich auch einmal in unserer „zweiten Heimat“ auftreten zu können. Dabei wurden wir erstmals auch durch einige Sänger anderer Dresdner Chöre unterstützt.

Zunächst waren wir jedoch unsicher, wie unser Friedensgebet in der Frauenkirche angenommen werden würde. Eine Viertelstunde vor Beginn herrschte in der Unterkirche noch gähnende Leere. Dann jedoch strömten mit einem Mal zahlreiche Menschen in die Unterkirche, sodass zum Beginn des Friedensgebets jeder der 150 Stühle bereits besetzt war. Doch auch danach riss der Strom nicht ab. Trotz einiger eilig hinzugestellter Stühle mussten am Ende mehrere der gut 200 Menschen auf den Treppenstufen sitzen oder stehen.

Das Friedensgebet gestalteten wir zusammen mit dem Frauenkirchenpfarrer Sebastian Feydt, der eine eindrucksvolle Ansprache hielt. Pfarrer Feydt thematisierte die schwierige Vergangenheit der Frauenkirche, die zur Zeit des Nationalsozialismus eines der Zentren der Deutschen Christen gewesen war. Die Deutschen Christen vertraten ein aggressives, rassistisches und antisemitisches Weltbild und missachteten damit die Friedensbotschaft des Evangeliums und den Glaubensgrundsatz, dass vor Gott alle Menschen gleich sind.

Gleichzeitig erinnerte Pfarrer Feydt an mutige Christen der Bekennenden Kirche, wie den damaligen Frauenkirchenpfarrer und Superintendenten Hugo Hahn, die sich der Pervertierung des christlichen Glaubens widersetzten. Auch für uns überraschend informierte uns im Anschluss an das Friedensgebet einer unserer Mitsänger darüber, dass Hugo Hahn sein eigener Urgroßvater ist. Wir sind uns sicher, dass Hugo Hahn stolz darauf wäre, dass sich sein Urenkel 80 Jahre später an gleicher Stelle für ein friedliches und tolerantes Miteinander in Dresden einsetzt.

Zum Ende des Friedensgebets schallte ein kräftiges „We shall overcome“ durch das Gewölbe der Unterkirche. Mit diesen Worten im Ohr machten wir uns mit zahlreichen anderen Besuchern des Friedensgebets auf den Weg zum Pirnaischen Platz, wo nach und nach auch die Demonstrationszüge der anderen beteiligten Akteure eintrafen. Eine Kundgebung der Gruppe HOPE - fight racism hatte direkt vor Ort in der Schießgasse stattgefunden, eine weitere stieß aus der Neustadt kommend über die Carolabrücke dazu. Schließlich traf auch noch die Demo der Gruppe WHAT - StuRa TUD ein, die zuvor auf dem Postplatz mit Schauspielerinnen und Schauspielern des Staatsschauspiels und anderer Dresdner Bühnen eine Veranstaltung unter dem Thema „Kunst und Kultur in Zeiten des Rechtsrucks“ veranstaltet hatten.

Angeführt von der wie immer großartig aufspielenden Banda Comunale setzte sich der gemeinsame Demonstrationszug schließlich in Bewegung. Dieser führte über die Wilsdruffer Straße zum Neumarkt, wo sich schließlich über 3.000 Menschen zur Abschlusskundgebung von Herz statt Hetze versammelten. Damit gelang es zum ersten Mal seit langem wieder, in Dresden numerische Gleichheit zur Pegida-Kundgebung zu erreichen. Auf der Bühne folgten nun interessante Interviews mit dem Oberbürgermeister der Stadt Dresden Dirk Hilbert, dem Sächsischen Wirtschaftsminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten Martin Dulig und der Dresdner Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch. Der allgemeine Tenor war hier, dass weiterhin verstärkt in Bildung sowie in die Förderung von interkulturellen Begegnungen investiert werden muss, um langfristig an dem Ziel eines Dresdens ohne Rassismus zu arbeiten. Schließlich endete der Tag mit einem weiteren „We shall overcome“, dass wir gemeinsam mit der Band Jazzfanatics und den versammelten Menschen sangen.

Vielen Dank an alle Beteiligten und an alle Menschen, die an diesem Tag mit uns gemeinsam ein starkes Zeichen dafür gesetzt haben, dass Dresden auch anders kann!

 

Redebeitrag auf der Kundgebung

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitstreitende für ein Dresden ohne Rassismus,

ich darf nun im Namen der Initiative „Erhebet Eure Herzen!“ den letzten Beitrag auf dieser Kundgebung anmoderieren. Unsere Initiative „Erhebet Eure Herzen!“ ist ein Zusammenschluss ehemaliger Mitglieder des Dresdner Kreuzchoresund wird heute auch durch einige Sänger anderer Dresdner Chöre unterstützt.

Wir veranstalten schon seit einem Jahr regelmäßig Friedensgebete an Montagen in Dresden und schließen uns im Nachhinein der Kundgebung von Nationalismus raus aus den Köpfen an. Wir verstehen uns dabei ein Stück weit als Brückenbauer, um die Gräben zwischen den politischen Lagern zu überbrücken, die in unserer Stadt traditionell sehr tief sind.

Umso mehr freut es uns, dass es heute einmal gelungen ist, dass linke und bürgerliche Kreise gemeinsam in einer Kundgebung für ein weltoffenes Dresden einstehen. Oft geht in den Irrungen und Wirrungen des politischen Alltags der Blick dafür verloren, dass es bei all den inhaltlichen Unterschieden auch einige wichtige Gemeinsamkeiten gibt, die uns verbinden und unsere Gesellschaft zusammenhalten.

Ob man wie die politische Linke für die

Gleichheit der Menschen kämpft. Ob man sich wie die Liberalenin der Tradition der Aufklärung von einem humanistischen Menschenbild leiten lässt. Oder ob man wie die Christen den Geboten der Nächsten- und Fremdenliebe folgt.

Wenn man diese Wertevorstellungen wirklich verinnerlicht hat, dann wird man versuchen, in einem anderen Menschen immer erst einmal einen Mitmenschen erkennen. Man sucht an erster Stelle nach dem Gemeinsamen, das einen verbindet, und nicht nach dem Trennenden.

Die Entscheidung, wie wir uns einem anderen Menschen gegenüber verhalten, macht in der konkreten Situation nur einen kurzen Augenblick aus. Dennoch ist dieser kurze Augenblick entscheidend für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft. Nur, wenn sich jeden Tag aufs Neue die Mehrheit der Menschen dazu entscheidet, friedlich und tolerant miteinander umzugehen, können wir in einer friedlichen und toleranten Gesellschaft leben.

Wir sind sicher weit davon entfernt, dass sich alle Menschen in unserer Gesellschaft so verhalten. Aber man kann trotzdem davon träumen, dass dies eines Tages einmal so sein wird. Denn nur, wenn man Träume hat, hat man auch Ziele, auf die man hinarbeiten kann. Wir wollen

Sie daher jetzt einladen, mit uns gemeinsam ein Lied zu singen, dass von genau diesem Traumeiner friedlichen und toleranten Gesellschaft handelt.

Es ist das einzige Lied, das sowohl in jedem guten Arbeiterliederbuch, als auch im Evangelischen Gesangbuch steht. Es ist das Lied der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und der europäischen Friedensbewegung. Die Rede ist von dem Lied „Weshallovercome“. Wir singen vier Stophen:

„We shall overcome, some day.“
“We are not afraid, today.”
“We’ll walk hand in hand, some day.”
“We will live in peace, some day.”

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