Friedensgebet und Kundgebung am 20.03.2017

Zusammenfassung

Heute fanden sich über 120 Menschen zum Friedensgebet in der Kreuzkirche ein, was ein erfreulicher Zuwachs war. Anschließend trauten sich noch ca. 60 Leute mit auf den Altmarkt, wo wir eine Kundgebung in Hör- und Sichtweite zur Pegida-Veranstaltung abhielten. Wir wussten ja in etwa, was uns dort erwarten würde. Aber es ist dennoch erschreckend zu erleben, wie sich Menschen, selbst höheren Alters, derart unzivilsiert verhalten können und uns ununterbrochen mit Beleidigungen und Anfeindungen überzogen.

Erfreulicherweise ließ sich keiner der Teilnehmenden unserer Kundgebung auf dieses Niveau herab. Stattdessen wurde nach einem kurzen Redebeitrag unsererseits, der sich mit dem Thema Demut beschäftigte, wieder gemeinsam das Lied We Shall Overcome angestimmt. Damit verbinden wir die Hoffnung, dass es eines Tages in Dresden möglich sein wird, ein friedliches und tolerantes Miteinander zu erreichen. Auch wenn der Tag momentan sehr fern scheint, wollen wir die Hoffnung nicht aufgeben und werden auch weiterhin kleine Zeichen dafür setzen.

 

Redebeitrag auf der Kundgebung

Liebe Teilnehmende unserer Kundgebung,

zum ersten Mal stehen wir heute bei einer unserer Kundgebungen vor der Herausforderung, dass Pegida direkt neben der Kreuzkirche auf dem Altmarkt und damit quasi gleich um die Ecke demonstriert. Damit stellt sich uns mit erneuter Dringlichkeit die Frage, wie wir Protest ausüben können gegen politische Überzeugungen und Weltanschauungen, die wir nicht teilen, ohne dabei unnötig die Konfrontation mit anderen Menschen zu suchen.

Zum einen müssen wir uns wieder in Erinnerung rufen, dass Hass nur zu noch mehr Hass führt und wir uns daher einer Abwärtsspirale aus gegenseitigen Beleidigungen und Anfeindungen entziehen müssen. Vielmehr müssen wir versuchen, inhaltliche Kritik zu üben. Doch das geht nur, wenn wir auch wissen, was unsere Position ist, wofür wir stehen.

Meine Damen und Herren, wir befinden uns derzeit in der Passionszeit. Die Passionszeit bzw. Fastenzeit ist eine Zeit der Buße und Reflektion und eine Zeit des Gedenkens an die Leiden Christi. Es ist eine Zeit der Vorbereitung auf das Osterfest, dem wichtigsten Fest der Christenheit.

In diesen Tagen rückte für uns einmal mehr das Kreuz in den Mittelpunkt. Dies gilt insbesondere für uns alle, die wir uns heute wieder hier vor der Kreuzkirche versammelt gaben.

Doch nicht nur für uns ist das Kreuz als Symbol von Bedeutung. Auch die Pegida-Bewegung verwendet auf ihrer Kundgebungen immer wieder Kreuze. Zuletzt war am 03.03., einen Tag nach dem ersten Sonntag der Passionszeit, auf der Pegida-Kundgebung vor der Hofkirche ein Holzkreuz zu sehen.

Daher lohnt es sich, sich noch einmal die wahren Botschaften des Kreuzes und der Passion vor Augen zu rufen. Was einem bei der Betrachtung des Leidens Jesu zuerst in den Kopf kommt, ist das Wort Demut. Da opfert sich jemand freiwillig für die Sünden anderer. Und er tut dies,weil er die Menschen mehr liebt als sich selbst. Eine solch bedingungslose Liebe, selbst im Angesicht des Todes, muss den objektiven Betrachter demütig stimmen.

Diese beiden Botschaften, zum einen die Bereitschaft, für andere Menschen Opfer zu bringen, und zum anderen die Demut davor, dass man selbst nur Teil eines großen Ganzen ist, sind Botschaften, die in der heutigen Zeit an vielen Stellen verloren gegangen sind.

Viel zu oft wird das eigene Wohl vor das der anderen Menschen gestellt. Man liefert sich einen Wettstreit darüber, wer wovon am meisten hat, und lebt ständig in der Angst, jemand anderes könnte einem etwas wegnehmen.

Zum anderen fehlt in unserer heutigen Gesellschaft an vielen Stellen die Demut, die Erkenntnis, dass man selbst nur Teil eines größeren Ganzen ist. Stattdessen leben wir in einer Zeit, in der sich Menschen selbst erhöhen, sich über andere Menschen erheben und auf diese herabblicken.

Wie aber können wir die Botschaften der Demut und der Opferbereitschaft verbreiten, ohne dabei selbst Gefahr zu laufen, hochmütig zu handeln? Dies können wir nur tun, indem wir selbst mit gutem Beispiel vorangehen, indem wir uns selbst demütig verhalten und indem wir uns selbst nicht über andere Menschen erhöhen.

Dazu gehört, dass wir uns auch Menschen gegenüber respektvoll verhalten, die uns gegenüber keinen Respekt zeigen. Dass wir nicht auf Provokationen eingehen, sondern uns lieber unserer selbst vergewissern. Dass wir weiterhin für unsere Werte werben, ohne dabei auf andere Menschen herabzublicken.

In diesem Sinne wollen wir Sie nun einladen, uns noch ein kleines Stück um die Ecke herum auf den Altmarkt zu begleiten. Dort wollen wir nicht die Konfrontation mit anderen Menschen suchen, sondern lieber die Mitmenschlichkeit feiern. Und dies wollen wir mit dem Lied tun, dass wir ein Stück weit zu unserer Hymne erkoren haben:

We shall overcome, some day. We are not afraid today. We’ll walk hand in hand, some day. Und: We will live in peace some day.

Mit diesem Lied verbinden wir die Hoffnung, dass in unserer Stadt eines Tages ein friedlicher und toleranter Umgang miteinander möglich sein wird, so, wie wir auch in der Passionszeit hoffen, dass auf die Zeit des Leidens eine Zeit der Freude folgen wird.

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